Klassischerweise stellt man die verschiedenen Tätigkeiten, die im Zuge der nachrichtendienstlichen Aufklärung durchgeführt werden, in einem Kreislauf dar. Die übliche Bezeichnung, "intelligence cycle", ist nicht klar definiert, obwohl sich jeder darauf bezieht, der in der nachrichtendienstlichen Aufklärung tätig ist. In diesem Blogpost werden wir den Intelligence-Kreislauf betrachten, wie er häufig dargestellt wird (so auch bei Wikipedia oder der CIA).
In zukünftigen posts werden wir dann auf die einzelnen Schritte genauer eingehen und mögliche Alternativen entwickeln.
Weit verbreitet ist die Darstellung des Kreislaufes mit fünf Schritten:
1. Auftrag (Direction)
In diesem ersten Schritt erteilt der Auftraggeber die Anweisung, eine Antwort auf eine bestimmte Frage zu finden. Der Auftraggeber kann auf niedrigstem Niveau der direkte Vorgesetzte des Analysten sein, oder, auf höchstem Niveau, der politische Entscheidungsträger, der dem Geheimdienst eine Weisung erteilt. Der Auftrag kann taktischer ("Wo befindet sich das feindliche Schiff?"), operativer ("Welche Wege nutzen Schleuserbanden auf dem Weg nach Deutschland?") oder strategischer Natur sein ("Wie weit sind die Iraner in ihrem Atomprogramm?").
Je nachdem wie die Frage formuliert ist und welches Niveau sie anspricht, kann sie noch unterteilt werden. Aber das werden wir in einem zukünftigen Blogpost besprechen.
2. Informationsbeschaffung (Collection)
Ausgehend vom Auftrag werden die für die Beantwortung der Frage notwendigen Informationen beschafft, sei es aus offenen oder verdeckten Quellen. Im Rahmen der Informationsbeschaffung werden häufig die verschiedenen Unterdisziplinen der nachrichtendienstlichen Aufklärung genannt, wie HUMINT (Human Intelligence - Intelligence aus menschlichen Quellen), SIGINT (Signal Intelligence - Intelligence aus Quellen der Telekommunikation), MASINT (Measure and Signature Intelligence - Intelligence, die aus Messen und Vergleichen von Messdaten gewonnen werden, wie z.B. Radarmessungen), IMINT (Image Intelligence - Intelligence, die aus der Bildauswertung gewonnen wird) und noch eine Vielzahl weiterer -INTS.
An dieser Stelle möchte ich auf die Unklarheit hinweisen, die ein Problem der Definition ist und daher ständig anzutreffen ist: dem Unterschied von Information und Intelligence. Dieser Debatte werden wir uns in einem zukünftigen post widmen.
3. Verarbeitung (Processing)
In diesem Schritt werden die gefundenen Informationen verarbeitet, d.h. sie werden technisch so modifiziert, dass sie anschliessend ausgewertet werden können. Beispiele für die Datenverarbeitung sind die Indexierung, Versehen mit Anmerkungen (tagging/annotating), die Vereinheitlichung der Formate usw. Dieser Schritt ist sehr IT-lastig.
Bei manchen Geheimdiensten gehören einige Tätigkeiten zur Verarbeitung, die bei anderen Diensten in einem anderen Schritt des Kreislaufes angesiedelt sind, wie zum Beispiel das Übersetzen von Informationen, das bei einigen Diensten zur Verarbeitung gehört, bei anderen zur Analyse.
Bei manchen Geheimdiensten gehören einige Tätigkeiten zur Verarbeitung, die bei anderen Diensten in einem anderen Schritt des Kreislaufes angesiedelt sind, wie zum Beispiel das Übersetzen von Informationen, das bei einigen Diensten zur Verarbeitung gehört, bei anderen zur Analyse.
4. Analyse (Analysis)
In der Analyse hat die Information, nachdem sie von James Bond gesammelt und von Computern gekämmt und frisiert wurde, endlich das Untergeschoss in einem jeden Geheimdienstgebäude erreicht, wo die Analysten untergebracht sind. Die Analyse werden wir uns in Zukunft en détail anschauen, daher sei die Beschreibung hier kurz gehalten.
In aller Vereinfachung: In der Analyse wird versucht, aus den gesammelten Information ein Gesamtbild zu schaffen und den Daten einen Sinn zu geben.
5. Bericht (Dissemination)
Die fertiggestellte Analyse wird anschliessend dem Auftraggeber vorgetragen, sei es in einem mündlichen Vortrag, schriftlich oder als powerpoint Präsentation. Nach dem Vortrag kommen dann neue Fragen oder Nachfragen zum Bericht und der Kreislauf beginnt von vorne.
Soweit zur Theorie. Den bei Wikipedia vorgeschlagenen 6. Schritt, die Rückmeldung oder das feedback, unterschlage ich hier bewusst (wie die CIA interessanterweise auch), da es zum einen schon in Schritt 5 stattfinden kann (wie einige argumentieren), zum anderen, da sich genau hier eine heiße Debatte entzündet, nämlich wie von wem an wen, wann und zu welchem Zweck dieses feedback gegeben werden soll. Mehr dazu in einem künftigen post.
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