Eine einfache google Bilder-Suche des Wortes "intelligence cycle" gibt schon einen guten Hinweis darauf, warum der Kreislauf so umstritten ist: die fünf im letzten Blogpost beschrieben Schritte sind für viele Nachrichtendienstler unzureichend oder gar falsch.
Für die einen sind fünf Schritte ausreichen, andere vermissen Schritte (wie z.B. dem Schritt "feedback" des Kreislaufes von Wikipedia), wieder andere kombinieren verschiedene Schritte. Da alle Einwände berechtigt sind, gibt es also keine genaue Definition des Kreislaufes - jeder beschreibt ihn in einer Weise, wie er seiner individuellen oder organisationellen Denk- und Arbeitsweise entspricht.
In einem sind sich jedoch alle Kritiker einig: eigentlich ist der Kreislauf gar kein Kreislauf. Denn jeder Nachrichtendienstler wird bestätigen, dass die tatsächliche Arbeitsweise eines Nachrichtendienstes nicht mit einem Kreislauf abgebildet werden kann (wie eine Beschreibung der tatsächlichen Arbeitsweise aussehen könnte, werden wir uns demnächst anschauen). Tatsächlich wäre die Darstellung eines Intelligence Sterns wahrscheinlich hilfreicher, da die verschiedenen Arbeitsschritte häufig zu Nachjustierungen in anderen Schritten führen können.
Die Arbeitsweise eines Nachrichtendienstes ist ein iterativer Prozess, in dem jeder Arbeitsschritt den anderen beeinflusst, in alle Richtungen. Die Frage des Auftraggebers wird durch die gefundenen Informationen beeinflusst, die Analyse wird wiederum durch die Fragestellung beeinflusst, beeinflusst aber ihrerseits die Informationsbeschaffung. Daneben findet noch die Informationsverarbeitung statt, die ja die Informationen filtert und standardisiert, bevor sie auf dem Schreibtisch des Analysten landen, aber gleichzeitig interessante Quellen für die Informationsbeschaffung identifizieren kann.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass in verschiedenen Diensten die Arbeitsweise verschieden organisiert ist. In den Nachrichtendiensten kleinerer Länder kann es beispielsweise vorkommen, dass der Analyst auch in der Informationsbeschaffung tätig ist. Dies ist durch das Auftreten von OSINT (Open Source Intelligence - Informationen aus offenen Quellen, wie dem Internet) noch häufiger geworden.
In anderen Diensten ist diese Vermischung von Tätigkeiten nicht möglich, da die Analysten häufig keinen Zugang zum Internet haben (aus Sicherheitsgründen). Diese Analysten sind also auf die Informationen angewiesen, die von der Informationsbeschaffung rübergeschickt wird.
Die Informationsbeschaffung wiederum gliedert sich in die vielen Untergruppen (die verschiedenen -INTs). Da sehen wir uns also keinem monolithischen Block gegenüber, sondern vielen verschiedenen Abteilungen. Je nachdem wie der Dienst organisiert ist, bestehen unter Umständen Rivalitäten zwischen den einzelnen Abteilungen; besonders zwischen der operativen Informationsbeschaffung, der Krone der nachrichtendienstlichen Schöpfung, die im Staub der arabischen Wüsten Informationen über salafistische Milizen sammeln, und den IT geeks, die im Keller hinter Computern nach verdächtigen Webseiten suchen. So kann es also vorkommen, dass (informell) Analyse auch in der operativen Abteilung stattfindet.
So ist der Intelligence Kreislauf eine vollkommen unnütze Beschreibung der nachrichtendienstlichen Tätigkeit; er wird aber trotzdem immer angeführt.
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