Zwischen Nachrichtendienstlern und Psychologen besteht nur ein beschränkter Gedankenaustausch. Der berühmteste Versuch dazu ist zweifelsohne der von Richards Heuer in seinem Buch 'Psychology of Intelligence Analysis'. Betrachtet man aber die Tätigkeiten eines Nachrichtendienstlers stellt man schnell fest, dass eigentlich alles was er tut von kognitiven Mechanismen bestimmt ist. Diese können zu falschen Gedankengängen oder Schlussfolgerungen mit erheblichen Konsequenzen führen (siehe Irakkrieg). Daher will ich auch die kognitive Dimension der nachrichtendienstlichen Aufklärung ansprechen, so sie mir denn als Laien auf diesem Gebiet, zugänglich ist. Meine Ausführungen auf diesem Gebiet sind inspiriert von der Forschung des RECOBIA Projektes, dass ich als Projektleiter koordiniere.
Erhält man einen Auftrag ist es die erste Aufgabe, diesen Auftrag zu verstehen. Aus kognitiver Sicht, ist dieser Schritt nicht so evident, wie man annehmen möchte. Je nachdem wie der Auftrag formuliert ist, wird er nämlich von uns wahrgenommen. Zum Beispiel, der Auftrag "Wieviele Atombomben besitzt Nordkorea?" wird ganz anders wahrgenommen als der Auftrag "Welche Hinweise haben wir, dass Nordkorea eine Atombombe hat?".
In der Formulierung des Auftrages ist bereits eine Tendenz beschrieben, die den Analysten in eine Richtung beeinflusst. Im ersten Fall wird er davon ausgehen, dass Nordkorea Atombomben besitzt, im zweiten Fall ist diese Tatsache nicht impliziert. Dementsprechend wird auch seine Herangehensweise unterschiedlich sein.
In der kognitiven Psychologie wurden experimentell nachgewiesen, wie die Verwendung unterschiedlich starker Verben die Wahrnehmung beeinflussen. Im Experiment von Loftus und Palmer im Jahre 1974 wurden Studenten kurze Videos von sieben verschiedenen Autounfällen gezeigt. Anschliessend wurden die Studenten nach der Geschwindigkeit der verwickelten Autos gefragt, jedoch jeweils mit unterschiedlichen Verben. Die erste Gruppe erhielt die Frage "About how fast were the cars going when they smashed into each other?", die zweite "... when they collided into each other?", die dritte "... when they bumped...", die vierte "... when they hit each other" und die fünfte Gruppe "... when they contacted each other?".
Das Ergebnis war, dass die Stärke des Verbs die wahrgenommene Geschwindigkeit beeinflusst hat; entsprechend schätzte die erste Gruppe ("smashed") die Geschwindigkeit am höchsten und die Gruppe "contacted" am niedrigsten ein. Obwohl diese Untersuchung im Rahmen eines Forschungsprogramms zur Verlässlichkeit von Zeugenaussagen durchgeführt wurde, können die Ergebnisse auch auf Nachrichtendienste angewendet werden.
Ebenso wie die Formulierung des Auftrages ist auch die Person des Auftraggebers entscheidend: ist es eine politische Persönlichkeit, die auf der Platform des Krieges gegen den Terror gewählt wurde, oder ein Vertreter der Umweltbewegung? Je nachdem wer den Auftrag erteilt, beeinflusst bereits vor der Formulierung das Ergebnis. Daher sollten die politischen Entscheidungsträger der Tatsache eingedenk sein, dass die Antwort auf ihre Frage sowohl von ihrer eigenen Person, als auch der Formulierung der Frage beeinflusst wird.
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